Lesungen

Wie viel Geld nimmst du bei Lesungen?

Der Applaus ist das Brot des Künstlers.

Hand aufs Herz, wer kann davon leben?

Soll man also Geld für Lesungen nehmen? Und wenn ja, wie viel?
Diese Fragen wurden beim #Autor_innensonntag gestellt.

Versuchen wir, eine Antwort zu finden.
Zunächst einmal dienen Lesungen dem Verkauf von Büchern, sie sind Teil des Marketingkonzepts. So ein Vortrag erreicht ja nicht nur diejenigen, die dort im Publikum sitzen. Durch die Werbung für den Termin und fleißiges Teilen auf Social Media ist das ein wichtiger Baustein. Allerdings dürfte es noch am ehesten die Bücher pushen, die regional verortet sind. Der Münchner Krimi findet auf einer Lesung in Hamburg vermutlich eher wenig Resonanz.


Daneben sind solche Veranstaltungen auch eine Möglichkeit, Bücher zu verkaufen. Meistens gibt es einen kleinen Verkaufsstand und die Fans können sich ihr Exemplar von der Autorin signieren lassen.

Doch nicht immer gehen die Menschen dann mit einem Exemplar des Buches nach Hause. Oft ist die Anzahl der verkauften Bücher gering und am Ende heißt es: Außer Spesen nichts gewesen.
Eine Verkaufsveranstaltung ist das also eher nicht.


Und der Aufwand darf nicht unterschätzt werden. Eine gut gemachte Lesung ist ein Event für sich. Sie muss organisiert, beworben und durchgeführt werden. Die Autorin übt, wählt aus und überwindet ihr Lampenfieber, um dem Publikum eine schöne Zeit zu verschaffen. Meist gibt es danach auch noch die Möglichkeit für die Zuhörer, sich mit der Autorin auszutauschen.

Wenn also eine Lesung ziemlich viel Aufwand für wenig Verkaufserfolg bedeutet, warum sollten sich die Schreibenden das dann antun?

Warum vom neuen Manuskript aufstehen und sich vor ein Mikrofon setzen?


Weil es Teil des Einkommens sein kann. Und für viele auch sein muss. Vom reinen Buchverkauf werden nur die Bestseller-Autorinnen reich. Der Normalschreiberling hat entweder einen Brotjob oder hält sich mit Tätigkeiten rund ums Schreiben über Wasser.
Dazu gehören neben Schreibkursen eben auch Lesungen.


Wie viel sollte man also für einen solchen Abend nehmen?


Rein marktwirtschaftlich betrachtet: So viel wie das Publikum zu zahlen bereit ist.

Aber kann das eine sinnvolle Größe sein? Sind Bücher wirklich ein Konsumgut wie eine Wellnessbehandlung? Oder sollte man sie komplett aus der Sphäre des schnöden Mammons heraushalten und wir bleiben beim Applaus?


Ich denke, weder das eine noch das andere kann eine Lösung sein. Um gute Qualität schaffen zu können, muss Geld fließen. Nicht nur die Autorin, sondern auch Lektorat, Herstellung und Vertrieb müssen bezahlt werden.

Zunächst gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Ein unbekannter Autor wird nie so viel verlangen können wie jemand, der seinen dritten Bestseller zu Gehör bringt. Natürlich kann man argumentieren, dass man bei jeder Geschäftsgründung eine gewisse Durststrecke überwinden muss, bis man erfolgreich ist.

Doch die Realität im Buchwesen sieht anders aus.


Die Anzahl der Schreibenden, die wirklich gut verdienen, ist minimal gegenüber dem Rest. Selbst wenn man die Hobbyschreiber außen vor lässt: Nur wenige erzielen durch ihre Buchverkäufe ein ausreichendes Einkommen.

Man könnte das dem Markt überlassen, aber dann verstärkt sich das, was wir sowieso schon beobachten: Einige wenige Autoren und Genres teilen den Gewinn unter sich auf.


Vielfalt und Neues hat keine Chance, auf sich aufmerksam zu machen.
Deshalb ist es meines Erachtens wichtig, das Instrument der Lesungen zu nutzen, um diese Vielfalt zu unterstützen.


Die Autorinnen sollten also ein (angemessenes) Honorar verlangen. Und die Zuhörer einen, vielleicht auch kleinen, Obolus bezahlen.


Die Differenz bei diesen Abenden könnte dann über öffentliche Zuschüsse abgedeckt werden.


Nicht nur die Opernhäuser und großen Theater, auch die Buchwelt gehört zu unserer Kultur.

Wir sollten das nicht (nur) den Kräften des Marktes überlassen, sondern uns als Gesellschaft aktiv für eine breitgefächerte und innovative Lesekultur einsetzen, in der auch die Personen gehört werden, die vielleicht nicht so marktgängig sind.

Damit alle Kunstschaffenden den Applaus bekommen, den sie verdienen.


Je vielfältiger die Welt in Büchern und Filmen, desto leichter fällt es uns als Gesellschaft, Diversität zu akzeptieren und zu leben.

Wie siehst du das? Würdest du für eine Lesung deines Lieblingsautors Eintritt zahlen wollen? Oder bist du selbst Schriftstellerin?

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