Ich kann mich nicht entscheiden.
Kennst du dieses Problem? Hast du auch eine Reihe von wichtigen Entscheidungen, die du seit längerem vor dir herschiebst und dort nie zu einem Ergebnis kommst?
Stehst du oft vor dem Regal im Supermarkt und bist überfahren von der Auswahl? Und dann nimmst du etwas, mit dem du eigentlich nicht zufrieden bist?
Ich kenne das nur zu gut. Aktuell habe ich das Problem, dass mein Rechner dringend ein Update bräuchte. Ich scheitere aber schon an der Frage, ob ich es selbst machen soll oder jemanden beauftragen.
Und so bekomme ich in regelmäßigen Abständen die freundliche Mitteilung meines Betriebssystems, dass ich doch bitte updaten soll.
Und mein Stresslevel steigt.
Bin ich deshalb entscheidungsschwach? Sollte ich einfach die Finger von so etwas lassen, weil ich dafür nicht gut genug bin (ich habe einen Linux-Rechner)?
Sicher kennst du dieses Gedankenkarussell, das dir jetzt suggeriert, dass deine Entscheidungsschwäche genau das ist: Eine Schwäche.
Ich möchte dir hier zeigen, warum das nicht stimmt. Warum alles mit dir in Ordnung ist, wenn du dich nicht schnell und gut entscheiden kannst.
Was ist eine Entscheidung und was nicht?
Jeder glaubt, zu wissen, was eine Entscheidung ist.
Aber so einfach ist das nicht.
Bei einer Entscheidung hat man die Auswahl zwischen zwei oder mehr Alternativen, die man wirklich auswählen kann.
Es gibt also keine Routine oder Richtlinie, die die korrekte Lösung vorgibt.
Nehmen wir das Beispiel rote Ampel:
Natürlich könntest du die ständig ignorieren. Aber durch die Fahrschule und deine Routine stellst du dir gar nicht die Frage: durchfahren oder nicht? Sondern bremst unterbewusst ab.
Zur Entscheidung wird es nur dann, wenn du abwägen musst, ob du es noch über die Kreuzung schaffst oder doch besser eine Vollbremsung machst und riskierst, trotzdem hineinzurutschen.
Stehst du an einer unbefahrenen Straße, und die Ampel ist seit 10 Minuten rot, dann musst du dich auch entscheiden, ob du davon ausgehst, dass die Ampel kaputt ist und du deshalb drüber fahren darfst.
Das zweite Merkmal einer Entscheidung: Du musst sie treffen wollen.
Die Entscheidung Yoghurt oder Quark stellt sich für dich nicht, wenn du keine Milchprodukte isst.
Bayern München oder 60er ist für mich keine Entscheidungsfrage, weil mir Fußball ziemlich egal ist und ich beide Vereine auf ihre Art gut finde. Für andere ist das eine Herzensfrage.
Merke also:
Entscheidung ist, wenn es eine echte Alternative gibt und du ein Ergebnis brauchst.
Entscheidungen rauben Energie
Wir stehen jeden Tag mit einem bestimmten Vorrat an Entscheidungsenergie auf.
Diese Menge ist von vielen Faktoren abhängig.
Ob wir krank sind, gestresst, unausgeschlafen und so weiter.
Doch egal wie groß dieser Energievorrat ist: Er ist endlich.
Das ist eine sehr wichtige Tatsache.
Du fängst mit einem vollen Akku an und wenn er leer ist, ist er leer.
Was bedeutet das für deine Entscheidungen?
Versuche, so wenig Entscheidungen wie möglich zu treffen.
Es wird uns immer erzählt, dass Routinen und Gewohnheiten schlecht sind.
Wir sollen aus unserer Komfortzone heraustreten und die gewohnten Pfade verlassen.
»Putze deine Zähne mit der anderen Hand!«
»Nimm einen neuen Weg in die Arbeit!«
Natürlich ist es nicht gut, immer im gleichen Trott zu bleiben. Der Mensch braucht Abwechslung und Inspiration.
Dennoch halte ich Gewohnheiten und Routinen für eine wichtige Sache.
Denn sie ersparen dir unnötige Entscheidungen.
Wenn du dir jeden Tag einen anderen Weg in die Arbeit suchst, leerst du bereits morgens deinen Entscheidungsakku.
Mein Tipp wäre also: Sieh dir einmal einen normalen Tag an:
- Wo musst du dich entscheiden?
- Welche Fragen brauchen besonders lange?
- Sind sie wirklich wichtig?
Nehmen wir das Thema Kleidung.
Viele Top-Manager tragen ständig dasselbe.
Steve Jobs mit seinem ikonischen schwarzen Rolli ist dafür ein gutes Beispiel. Ihm war bewusst, dass sein Akku leerer wird, wenn er schon morgens darüber nachdenkt, was er anziehen soll. Er hat für sich einmal entschieden, dass er keine Energie für seine Kleidung verschwenden will.
Wenn dir das nicht gelingt oder du einfach Spaß an Mode hast, probiere es doch einfach so: Lege dir abends deine Garderobe für den nächsten Tag heraus. Dann bekommt diese Frage nur noch die Energiemenge, die am Abend halt noch da ist.
Und du kannst den nächsten Tag mit vollem Tank starten.
In die gleiche Richtung gehen Ideen wie die Capsule Wardrobe, also einem Baukastensystem, aus dem du ohne großes Nachdenken die einzelnen Teile einfach raus nehmen kannst.
Hast du aber einen Schrank voll nichts zum Anziehen, lege ich dir die Modeflüsterin ans Herz. Hier bekommst du jede Information, die du brauchst, um in deinem Stil und für dich optimal gekleidet zu sein. Wenn du weißt, dass mit allem super aussiehst, dann kannst du blind in den Schrank greifen und musst nicht entscheiden, ob du wirklich diese Hose zu dieser Bluse tragen willst.
Wie auch immer du es anstellst: Lege dir Gewohnheiten für die kleinen Dinge des Alltags zu.
Entscheide einmal und bleib dann dabei.
der richtige Zeitpunkt
Ich habe aus gutem Grund den Fokus auf die Morgenroutine gelegt. Denn in der Früh ist dein Entscheidungsakku voll. Dann triffst du in der Regel die besten Entscheidungen.
Das heißt jetzt nicht, dass du die Frage, ob du eine Weltumsegelung machen sollst, nur um sechs Uhr morgens treffen kannst.
Vor allem wenn du kein Morgenmensch bist, dann kann das auch bedeuten, dass es besser am Vormittag funktioniert.
Also sieh genau hin: Wann bist du konzentriert und motiviert? Was ist deine persönlich beste Zeit? Falls das spät abends ist, dann wäre ich jedoch vorsichtig. Du magst da noch einmal ein kreatives Hoch haben.
Dein Entscheidungsakku ist aber in der Regel trotzdem leer.
Mein Rat:
Finde heraus, wann morgens deine beste Zeit für konzentriertes Arbeiten ist.
Und dann versuche, so weit für dich irgendwie möglich, in dieser Zeit alles abzuarbeiten, was wirklich wichtig ist und wo du weitreichende Entscheidungen treffen musst.
Lass keine Störungen zu.
Die Mitmenschen sind da anfangs vielleicht vor den Kopf gestoßen, aber mit freundlicher Beharrlichkeit kann man auch kontrollwütige Chefs daran gewöhnen.
Im Privaten genauso:
Buche den Urlaub am Sonntagvormittag nach einem schönen Frühstück.
Besprich mit deinem Partner oder Ehefrau keine wichtigen Entscheidungen am Donnerstagabend, wenn beide erschöpft aus der Arbeit kommen.
Macht einen Termin aus, an dem ihr volle Akkus habt. Das ist auch förderlich für eine gute Beziehung.
Optimierungswahn
Perfektion ist der Feind des Guten.
Dieser Spruch gilt vor allem bei Entscheidungen.
Ein Problem, warum wir uns so schwer tun: Wir wollen es perfekt machen.
Wir glauben, wenn wir nur genug Informationen haben, die eine, nicht mehr verbesserbare Entscheidung treffen könnten.
Aus vielen Gründen ist das Bullshit.
Triff die im Moment bestmögliche Entscheidung.
Und dann lass es gut sein. Die meisten Dinge sind nicht so wichtig, dass gut genug nicht reichen würde.
Für Sachen, die ständig auftauchen, kannst du ja einmal einen längeren Prozess durchlaufen und dir damit eine gute Routine aufbauen.
Aber auch dann heißt es: Dran bleiben.
Nicht bei der nächsten Info das Ganze wieder umwerfen.
Reizüberflutung, Werbung, Kapitalismus
Womit wir bei einem weiteren Grund sind, warum wir uns so schwer tun, überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen:
Die ständige Informationsflut.
Überall springen uns Nachrichten und Werbung an.
Andauernd wird uns vorgegaukelt, dass wir etwas übersehen haben und wir deshalb noch nicht entscheiden können.
Oft ist es so, dass wir am Ende unserer Recherche so überwältigt sind, dass wir gar keine Ahnung mehr haben, was wir jetzt eigentlich wollen.
Und dann sind wir leichtes Opfer von Werbung und Propaganda.
Wenn du also eine Entscheidung treffen muss, frag dich:
- Wie wichtig ist sie?
- Wie viel Zeit und Energie darf das kosten?
- Welche meiner Werte spielen hier herein?
Ist dir das Tierwohl wichtig, dann lohnt es sich, genauer auf den Inhaltszettel des Kosmetikprodukts zu schauen. Möchtest du Geld bei diesem Produkt sparen, so ist es egal, ob das eine berühmte Marke ist.
Deine Werte, deine Prioritäten, deine Entscheidung.
Verliere dich nicht in den Tiefen des Internets. Such dir einmal ein paar Bewertungsseiten wie zum Beispiel die Stiftung Warentest (die Hefte kann man sich in den meisten Bibliotheken auch kostenlos ausleihen, für größere Anschaffungen lohnt es sich, den jeweiligen Test zu kaufen).
Überlege dir, was das Produkt für dich leisten muss, bevor du dich informierst. Dann bist du objektiver als nach der Werbungs- und Informationsflut.
Geh mit einem Einkaufszettel einkaufen.
Es ist nicht deine Schuld
Mach dir immer klar, dass du nur so gut entscheiden kannst, wie es dir im Moment eben möglich ist. Und dass es viele Bereiche gibt, die du nicht optimieren musst. In denen jede Auswahl in Ordnung ist.
Natürlich tragen wir mit unseren Kaufentscheidungen zu Umweltzerstörung und Ausbeutung bei.
Aber es ist nicht zielführend, wenn du deine gesamte Energie und Zeit in die Optimierung von tausend kleinen Entscheidungen steckst.
Wichtiger ist es, uns unserer Werte und Prioritäten klar zu werden und uns dann dort einzusetzen, wo in größerem Maßstab etwas verändert werden kann.
Durch die »freie Entscheidung der Konsumenten« ist es für die Industrie einfach, ihre Produkte durch psychologisch geschicktes Marketing an die Kundinnen zu bringen.
Sie liefern ja nur, was nachgefragt ist. Dennoch produzieren sie so, dass ihre Gewinne optimiert werden. Alles andere wäre in der Marktlogik des Kapitalismus ja auch Selbstmord.
Mach dich also nicht fertig, wenn du nicht bei jedem Produkt ein Studium absolvierst, nur um die optimale Entscheidung zu treffen. Es wird dir nicht gelingen.
Reserviere deine Entscheidungsenergie für die Dinge, die dir wirklich am Herzen liegen.
Damit dein Leben gelingt.
Informiert sein, ohne zu verzweifeln
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