Leben ohne Instagram – Befreiung oder Fehler?

Leben ohne Instagram Befreiung oder Fehler?

Leben ohne Instagram? Undenkbar?

Aber ständig Scrollen kann es auch nicht sein?

Das ist ein Thema, das mich schon eine ganze Weile begleitet. Mein Ratgeber »Informieren ohne zu verzweifeln« zeigt Wege auf, wie man informiert bleiben kann, ohne den ganzen Tag im Netz zu hängen.

Aber Instagram dient ja nicht nur dazu, auf dem Laufenden zu bleiben. Sondern mit andern in Kontakt zu kommen (und zu bleiben). Oder einfach nur zur Entspannung.

Und dann ist da ja auch noch der wirtschaftliche Aspekt: Ich mache auf Instagram Werbung für meine Bücher und Blogartikel. Ohne dafür zu bezahlen. Kommt dann niemand mehr auf meinen Blog?

Also was tun? Schauen wir uns das genauer an!

Bleiben!

Bleiben wir in Kontakt?

Ich habe ungefähr 700 Follower und genau so vielen Menschen folge ich auch. Über kein anderes Medium bin ich mit so vielen Personen in Kontakt.

Von manchen habe ich auch die Telefonnummer oder eine E-Mail-Adresse oder sehe sie in anderen Umgebungen.

Aber all die anderen netten Menschen? Möchte ich dort einfach weggehen? Was, wenn jemand dort eine wirklich spannende Info teilt? Oder mein neuestes Buch gekauft hätte, aber nie davon erfahren hat? Das so einfach hinzuwerfen, fällt mir schon schwer.

Eine einfache und billige Marketingstrategie?

Meine Beiträge werden ja im Idealfall nicht nur meinen Followern ausgespielt, sondern auch anderen Menschen, die sich für das Thema interessieren.

So ein Post ist relativ schnell erstellt, ich habe da eine gewisse Routine und vorgefertigte Bilder, und wenn man es so macht wie immer mehr Accounts, dann kann man das von der KI in zwei Minuten erledigen lassen.

Also eine einfache und billige Werbestrategie. Für andere Formen muss ich viel mehr Anstrengung und oft auch Geld investieren. Wie schwierig es ist, diese Werbeform zu ersetzen, zeigt Jane von Klee gerade in ihrer Newsletterserie, schau doch mal vorbei, wenn es dich betrifft.

Inspiration im Feed: Infos und Buchtipps am laufenden Band

Beim entspannten Scrollen bleibe ich immer wieder bei Posts hängen, die mein Weltbild erweitern oder mir Infos geben, die ich gut gebrauchen kann. Mir werden viele NGOs oder Aktivisten in den Feed gespielt, die oft Themen behandeln, die ich wichtig finde. Und das immer auf eine schnell verständliche Art. Manchmal sind das auch Buchtipps, die ich sonst nicht bekommen hätte.

Leichte Unterhaltung für Zwischendurch

Dadurch, dass es eben immer nur kurze Beiträge sind, kann man Instagram super nutzen, um die Wartezeit auf die U-Bahn zu überbrücken. Weder muss man wieder in die Geschichte hineinfinden wie bei einem Roman noch mühsam suchen, was man gerade lesen könnte. Sondern einfach die App anklicken und es geht los.

Gehen!

Immer das Gleiche: Warum Instagram keine Tiefe bietet

Die Leute geben sich ja wirklich Mühe, spannenden, witzigen und neuen Content zu liefern.

Und doch ist es immer das Gleiche. Ein Bild mit ein bisschen Text, ein Video, das ein paar Sekunden lang ist, kann ein Thema einfach nicht tiefer durchdringen. Und so bekomme ich die Infos, die ich schon hundert Mal gelesen habe.

Aber wirkliches Wissen, den Einblick in größere Zusammenhänge und damit auch Verständnis für die Materie habe ich danach nicht. Dafür braucht es die Langform.

Gut recherchierte und aufgebaute (Blog-) Artikel. Lange Videos.

Oder, immer noch meine Lieblingsvariante: Bücher.

KI-Content und Fehlinformation

Bei einem Buch mache ich mir die Mühe, herauszufinden, wer das geschrieben hat, ob die Informationen gut recherchiert und belegt sind.

Bei einem Instapost ist das eher Glückssache.

Und wenn man mal gesehen hat, welche Akteure Milliarden dafür ausgeben, um Desinformation und Hass zu sähen, dazu noch all die Bots, die jetzt auch noch auf KI zurückgreifen, dann glaubt man nicht mehr viel, was man auf Instagram und Co. zu sehen bekommt.

Wozu sich das dann antun? Nur für die süßen Katzen? (Und selbst diese Videos sind oft gefakt)

Scrollen macht süchtig.

Ich hätte natürlich auch behauptet, mir passiert das nicht.

Mit dem Begriff Sucht sind nicht nur die Abhängigkeitserkrankungen gemeint, sondern die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhaltensweisen in Bezug auf Suchtmittel (legale wie illegale) sowie nichtstoffgebundene Verhaltensweisen (wie Glücksspiel und pathologischer Internetgebrauch).

Bundesgesundheitsministerium

Mein Internetgebrauch (im speziellen Tik-Tok) war noch nicht pathologisch. Weder habe ich meine Familie oder meinen Job vernachlässigt noch hatte ich gesundheitliche Probleme.

Was mir aber zu denken, und damit auch zum Löschen der App gebracht hat, waren folgende Situationen.

  • Akku war leer: Handy an die Steckdose.
  • Es wurde spät, egal, nur noch fünf Minuten.
  • Tik Tok selbst bringt nach einigen Stunden (!) einen Hinweis, dass man die App verlassen und sein Leben genießen soll. Ich hing danach noch zwei Stunden dran.

Gut, es war Corona, es gab wenig anderes.

Und ich habe so viele tolle Künstler kennen gelernt, denen ich heute noch auf Youtube (in der langen Version) folge.

Dennoch: Dass ich einfach nicht in der Lage war, das Handy wegzulegen, weil ich so auf den Dopaminkick aus war, den mir das nächste Video bringen würde, hat mich bestürzt.
Die Apps sind auf diesen unendlichen Gebrauch ausgelegt. Das Stichwort Doomscrolling sagt da eigentlich schon alles (Was genau das ist, kannst du in meinem Ratgeber lesen, wenn du willst.)

Und Instagram ist nicht so wesentlich schlechter darin.
Die Stunden, die damit verloren gehen, kann ich besser und gesünder nutzen.

Selbst wenn ich nur einen netten Roman lese oder spazieren gehe, tue ich meinem Gehirn und meinem Körper etwas Gutes und zerschieße nicht meine Aufmerksamkeitsspanne.

Verkaufen auf Instagram? Schwierig

Instagram mag nicht gut für meine Psyche sein. Aber hilft es mir, meine Bücher zu verkaufen und Leute auf meinen Blog zu bringen? Ich habe ja oben gesagt, dass das eine einfache und billige Werbeplattform ist.

Das stimmt so allerdings nicht. Wenn man nicht hochoptimierte Reels und Posts produziert, die perfekt auf die Zielgruppe zugeschnitten sind, die aktuellen Trends berücksichtig und permanent postet, dann wird man vom Algorithmus schlicht ignoriert.

Das war früher mal anders, da habe ich für einen durchschnittlichen Beitrag 1300 Views bekommen. Heute, mit Unterstützung durch andere Accounts, schaffe ich keine 700 mehr, also nicht mal all meine Follower sehen meine Beiträge.

Und es kommen mittlerweile deutlich mehr Besucher über Pinterest oder Google auf meinen Blog als über Instagram.
Meta will damit verdienen. Werbung ohne dass man dafür bezahlt hat (also Ads geschaltet) ist für die Firma natürlich nicht lukrativ.

Marktmacht und Ausbeutung

Womit wir beim größten Problem wären: Die Macht und der Reichtum dieser Konzerne.

Es ist dabei egal, ob wir von Meta oder anderen sprechen.

Der Effekt ist immer der gleiche. Eine einzelne Firma reißt nahezu den gesamten Markt an sich. Und damit auch den damit verbundenen Gewinn.

Sie hat dann auch die Macht, Themen zu setzen und unliebsame Informationen zu unterdrücken.

Wohin das führt, sehen wir gerade überall.

Die Überreichen kaufen alles auf, was früher einmal dem Rest der Bevölkerung gehört hat.

Dazu gehören die Immobilien in den Städten (Ja, genau, deshalb sind die Mieten hoch. Wer es nicht glaubt, schaue sich Wien als Gegenbeispiel an).

Aber auch Medienhäuser (sofern sie nicht durch den Konkurrenzdruck kaputt gehen). Oder Kliniken, Arztpraxen, Stromversorger, den öffentlichen Transport.
Und wir helfen mit, indem wir das Produkt, das sie verkaufen, selbst herstellen: Den Content und die Gemeinschaft.

Will ich das wirklich unterstützen?

Fazit

Ich habe Instagram schon mal vom Handy gelöscht.

Natürlich hat mich Meta dafür gleich bestraft:

Auf dem Computer kann ich keine Beiträge in meinen Storys teilen, also andere Accounts nicht mehr so einfach unterstützen.

Ich sehe gewisse Formate in den Nachrichten nicht, kann also z.B. nicht bei Abstimmungen in einer Gruppe teilnehmen.
Meta möchte mich also wieder dazu bringen, die mobile Version zu verwenden. Das werde ich aber nicht mehr tun, weil ich seitdem deutlich weniger Zeit auf social Media verbringe und wieder mehr zum Lesen komme. (Für die U-Bahn bietet sich die Onleihe an, da kann ich die Bücher auf dem Handy lesen).

Außerdem konzentriere ich mich mehr auf andere Kanäle. So befasse ich mich gerade mehr mit Pinterest, was eine sehr nachhaltige Variante ist, wenn man die Lebensdauer eines Posts betrachtet.

Und ich versuche, andere Absatzkanäle zu finden, die z.B. in meinem realen Umfeld liegen. Mein größtes Problem sind immer noch die Kontakte, die ich nur auf Instagram habe.

Schön wäre es, wenn meine Follower dort irgendwann auf meiner Newsletter-Liste stehen und ich den Leuten, die ich toll finde, auf andere Weise folgen kann.

Wie siehst du das? Und wie bist du auf diesen Beitrag aufmerksam geworden?

Quellen und Buchtipps:

Toxisch Reich von Sebastian Klein

No Social Media! … und wie dein Marketing trotzdem gelingt von Alexandra Polunin

Wie Facebook dem Hass den Boden bereitet hat FAZ

Susan ist Soziologin, Dipl.Verwaltungswirtin (FH) und seit vielen Jahren als Autorin aktiv. Als Lilian Dexter schreibt sie Erzählungen, die gesellschaftliche Themen in eine literarische Form bringen – ohne moralischen Zeigefinger, aber mit dem Anspruch, Denkanstöße zu geben. Nebenbei gibt sie Sportstunden und engagiert sich politisch und ehrenamtlich.
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