Armut ist ein Thema, dem wir gerne ausweichen. Ähnlich attraktiv wie Tod und Krankheit.
Aber wenn wir diese Dinge verdrängen, sie verschwinden nicht aus unserem Leben, sondern werden zu unbewussten Ängsten, die uns ein schlechter Ratgeber sind. Um gute Entscheidungen zu treffen, müssen wir uns auch den unangenehmen Realitäten im Leben stellen. Und dazu gehört auch die Angst vor der Armut.
Armut versteckt sich in unserer Gesellschaft.
Wir reden uns ein, dass es in unserem reichen Land keine echte Armut gibt und wir schon nicht davon betroffen sein werden. Man sieht ja selten Menschen, die auf der Straße leben. Keine bettelnden Kinder und Personen mit offensichtlich unbehandelten Krankheiten.
Wir haben ein soziales System mit Bürgergeld und anderen Hilfsangeboten für Menschen in Notlagen. Wenn wir also mal einen Obdachlosen sehen, dann wird der wohl selbst an seiner Situation schuld sein.
Da wir davon überzeugt werden, dass ein jeder seines Glückes Schmied ist, suchen wir nach Gründen, warum wir selbst nicht arm oder von Armut gefährdet sein können. »Wir beziehen ja kein Bürgergeld.«
Dieser Satz wird mit Stolz vorgetragen. Dass aber der Lohn nicht reicht, um den Kindern neue Sportschuhe zu kaufen oder sie mit ins Schullandheim zu schicken, das wird verschämt verschwiegen.
Es werden Ausreden über Ausreden erfunden, damit nur ja keiner merkt, wie knapp das Geld ist.
Ich habe jahrelang in der Elterngeldstelle gearbeitet, hier musste ich die Einkommensnachweise anfordern, um die Höhe des Elterngeldes zu berechnen. Dabei habe ich gesehen, wie arm man sein kann, selbst wenn man jeden Tag in die Arbeit geht.
Mich haben Mütter angerufen, die die Windeln für das Kind nicht mehr bezahlen konnten und solche, die mich angefleht haben, ihnen eine Stelle zu nennen, bei der sie eine Wohnung bekommen könnten.
Armut und Reichtum ist nicht gerecht verteilt
Es sind nicht die superreich, die hart schuften und sich reinhängen. Sondern die, die aus reichen Familien kommen und wissen, wie man sich so skrupellos wie möglich bereichert. All die Firmen, deren Chefs Milliardäre sind, haben eine beispiellose Geschichte der Ausbeutung, des Datendiebstahls und der Umweltzerstörung. (KI z.B. frisst eine Unmenge an Strom, ebenso wie all die anderen Plattformen)
Und die Armen? Sind die nicht alle faul oder dumm? Eher nicht.
Armut trifft meistens die, die sowieso schon diskriminiert und ausgeschlossen sind: Menschen mit Krankheiten oder psychischen Problemen, behinderte Personen, Leute, die in einer anderen Kultur und mit einer anderen Sprache aufgewachsen sind, alle, die Rassismus erleiden müssen.
Aber es trifft auch dicke Menschen oder solche, die in unserem Bildungssystem hinten runter fallen.
All diese Menschen haben Schwierigkeiten, gut bezahlte, sichere Jobs zu bekommen. Sie müssen Tätigkeiten übernehmen, die körperlich und psychisch zehrend sind und trotzdem nicht zum Leben reichen.
Diskriminierung und Armut
Armut ist für mich das zentrale Thema, bei dem alle Diskriminierung zusammenläuft.
Wer benachteiligt wird im Rennen um die guten Plätze, der muss sich doppelt und dreifach anstrengen. Und wenn die Energie zu Ende ist, dann soll die Person die Schuld bitte bei sich selbst suchen und der Gesellschaft nicht zur Last fallen.
Schauen wir genau hin, Armut ist nicht unsichtbar.
Hören wir auf, das Märchen der Selfmade-Milliardäre und der faulen Armen zu glauben.
Wenn die Startbedingungen nicht gleich sind, dann ist das Wettrennen nicht fair.
Wenn du das Thema noch einmal in einer spannenden Geschichte lesen willst, dann schau dir doch einmal meinen Roman »Das Frühlingsfenster« an.
Lies auch, warum ich das Thema auch in meinen Romanen behandle.
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